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Struktur der Arbeit mit den Jugendlichen in unserem Projekt 

 

1. Gesetzliche Grundlagen

Mit der Einführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) wurde die Individualisierung der Hilfsangebote als Handlungsgrundsatz der Jugendhilfe etabliert. Die Akteure werden darauf verpflichtet, die jeweils „notwendige“ und „geeignete“ Hilfe zu realisieren, das Wunsch- und Wahlrecht der Adressaten dient als Korrektiv, das Hilfeplanverfahren als Instrument, Partizipation und individuelle Ausrichtung der Hilfe zu gewährleisten. Dieser „Geist des KJHG“ erfährt seine Zuspitzung in der „Intensiven Sozialpädagogischen Einzelbetreuung“ (§ 35). „Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung“ soll Jugendlichen gewährt werden, die einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung bedürfen. Die Hilfe ist in der Regel auf längere Zeit angelegt und soll den individuellen Bedürfnissen des Jugendlichen Rechnung tragen“ (§ 35 KJHG). Mit der Begründung des § 35 wird der Charakter der Intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung als Alternative zur wenig effektiven Unterbringung in geschlossenen Gruppen bzw. in Einrichtungen der Psychiatrie hervorgehoben.

 

2. Hilfeprozess

Um eine Betreuung auch im qualitativen Sinn als „intensiv“ bezeichnen zu können, müssen folgende Kriterien gegeben sein und auch überprüft werden können: ein fundiertes Konzept, Reflexion des Hilfeprozesses, Einbindung des einzelnen Betreuers in eine gemeinsame kollegiale Leistung mit bewusst konzeptioneller und fachlicher Orientierung (Team, Fachberatung, Supervision) sowie Dokumentation“ 
Unsere Tätigkeitsmerkmale: 
Hilfestellung bei

  • der Beschaffung oder dem Erhalt von Wohnmöglichkeiten
  • der Vermittlung von geeigneten schulischen und beruflichen Ausbildungsmöglichkeiten
  • der Verwaltung des Einkommens bzw. finanzieller Unterstützungsleistungen und
  • der Gestaltung der Freizeit.

Im Hilfeplanverfahren wird die Art der Hilfe entsprechend dem erzieherischen Bedarf des jungen Menschen erörtert. Es muss deutlich werden, inwiefern die vorgeschlagene individualpädagogische Maßnahme eine Problemlösung für die besondere Lebenslage der Jugendlichen ist oder Möglichkeiten für eine Problemlösung eröffnet. 
Der Hilfeplan muss ferner konkrete Aussagen enthalten über:

  • Ziele und pädagogischen Auftrag
  • Dauer der Maßnahme
  • Umfang und konkreten Auftrag der Vorbereitungs- und Kennenlernphase
  • Zwischenlösungen, falls kein Träger zur Verfügung steht bzw. der vorgesehene Träger nicht in der Lage ist, eine Maßnahme unmittelbar zu beginnen
  • Angaben über die Kooperation zwischen den Beteiligten während der Durchführung der Maßnahme
  • Abklärung der schulischen Situation bzw. ggf. berufsvorbereitender oder -fördernder Maßnahmen
  • Angaben über Nachbetreuung und Reintegration in die Lebenswelt
  • Angaben über die Zeiträume in denen einzelne Schritte des Hilfeplanes überprüft und ggf. neu überdacht werden. Der Hilfeplan muss auch Aussagen über die Zeit nach einer konkreten erlebnispädagogischen Maßnahme und über die Rückkehr in den Alltag machen.

 

3. Strukturelle Rahmenbedingungen

Was für den Entscheidungsprozess gilt, gilt in gleicher Weise für die angemessene Vorbereitung eines Projektes. Hoher Zeitdruck zwischen Entscheidung und Realisierung schränkt häufig die Möglichkeiten einer angemessenen Vorbereitung ein. Zudem scheint noch nicht ausreichend geklärt, was aus der Perspektive von Kindern und Jugendlichen zur Motivierung und Vorbereitung hilfreich ist, ohne dass Erfahrungen vorweggenommen und die Neugier auf das neue Umfeld gemindert wird. 

 

4. Pädagogisches Setting der Projekte 

Auch bei stark flexibel angelegten, individualisierten Hilfen zur Erziehung sollte in der Hilfeplanung der anstehende pädagogische Prozess strukturiert, in einzelne Lernschritte differenziert und einzelne konkrete Ziele ausgewiesen werden. Nur so ist es möglich für alle Beteiligten eine Art Transparenz herzustellen, die die gegenseitigen Erwartungen deutlich macht, so dass der Jugendliche klare Perspektiven für sich erkennen kann. Auf diese Weise kann Verbindlichkeit eingefordert und ein verlässlicher Kontrakt vor allem zwischen Betreuer und Jugendlichen abgeschlossen werden. Fehlen diese Voraussetzungen, wird der Jugendliche zum Objekt. Eine solche vorab vorgenommene Strukturierung muss aber auch flexibel gehalten werden (können) und situativ angemessenes und auf die individuellen Bedürfnisse und Herausforderungen abgestelltes pädagogisches Handeln ermöglichen. Planung und Strukturierung sind notwendig, um dem Jugendlichen sein Handlungsfeld transparent zu machen, sie werden kontraproduktiv, wenn sie zum handlungsleitenden Korsett werden. Deshalb gilt es, beide Anforderungen im Rahmen einer ganzheitlichen Planung (einschließlich des Zeitrahmens und der Perspektiven für die Nachbetreuung) für den Jugendlichen und alle anderen Beteiligten ergebnisoffen und perspektivisch zu entwickeln und zu formulieren.

 

5. Transfer in den Alltag

Räumliche Distanz zum Herkunftsmilieu wird besonders in Auslandsprojekten nicht nur als konstituierendes Element angesehen, sie gilt darüber hinaus auch als bedeutsame Erfolgsvariable. Empirische Beweise für die Notwendigkeit und die Wirksamkeit dieser Milieuferne fehlen bisher. Zur weiteren Klärung dieses Zusammenhanges wäre im Rahmen der Hilfeplanung und der konzeptionellen Entwicklung einzelner Maßnahmen die Bearbeitung folgender Fragen hilfreich: „In welchen Situationen ist ein Abstand vom Milieu erforderlich? Was soll dieser Abstand bewirken? Welche Ziele sollen mit der Trennung erreicht werden? Was soll in einer „reizarmen“ Umgebung bewirkt werden? Worin liegen die Vorteile gegenüber einer städtischen Umgebung?“ (Lindenberg/Wagner 1997, S. 20)

Unabhängig von der Beantwortung dieser Fragen ergeben sich bei fast allen erlebnispädagogischen Projekten Schwierigkeiten bei der Rückkehr in den Alltag, insbesondere

  • der Konflikt zwischen erfahrener Selbstbestätigung und erworbener Autonomie im Projekt einerseits und den Anpassungsforderungen von Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung nach Rückkehr andererseits,
  • die Gewöhnung an strukturierte (teilweise fremdbestimmte) Alltagsabläufe,
  • die Gewöhnung und Integration in das teilweise stark verregelte System Schule,
  • die Reduzierung der exklusiven Beziehung zum Betreuer, bb
  • die Konfrontation mit alten Konfliktkonstellationen und Konfliktlösungsstrategien in Milieu und Elternhaus. Diesen Transferproblemen muss in milieufernen Betreuungsarrangements durch eine pädagogisch reflektierte Vorbereitung auf die Rückkehr in den Alltag schon während des Projektes und eine nahe, kontinuierliche und problemorientierte Betreuung nach Abschluss der Maßnahme Rechnung getragen werden. Nach Rückkehr in den Alltag erweist sich für die Jugendlichen immer wieder als schwierig, zurück ins Elternhaus zu gehen oder jedenfalls einigermaßen konfliktfreie Beziehungen zu den Eltern zu entwickeln. Hier ist offensichtlich ein systemischer Ansatz notwendig, in dessen Rahmen gleichzeitig mit den Eltern gearbeitet wird, um eine grundsätzliche Akzeptanz und Unterstützung der Fremderziehung zu erreichen und mögliche Ressourcen des Familiensystems zu nutzen. Darüber hinaus gilt es aber auch, die sonstigen informellen Unterstützungssysteme des Herkunftsmilieus in den Hilfeprozess einzubeziehen.

 

6. Wächterfunktion des Jugendamtes

Die im Kinder- und Jugendhilfegesetz vorgesehene Gesamtverantwortung des örtlichen Jugendamtes für die Planung und Durchführung von Jugendhilfemaßnahmen verpflichtet diese auch, für eine an den geltenden gesetzlichen Regelungen und darüber hinaus vereinbarten Standards zu sorgen. Die Kompetenz der betreffenden Mitarbeiter sowie die durch Kostendeckelung teilweise prekäre personelle Ausstattung in den zuständigen Abteilungen bleiben nicht ohne Auswirkungen auf Hilfeplanverfahren und Fachaufsicht. „Jugendämter werden bislang mit der Gewährleistung der aufsichtsrechtlichen Kontrolle allein gelassen und können dieser teilweise nicht einmal im Ansatz nachkommen, wenn beispielsweise Dienstreisen zu den Projektstellen nicht genehmigt werden. So wird eines der anspruchsvollsten und störanfälligsten Segmente der Hilfen zur Erziehung nach wie vor ohne ausreichenden Schutz und Kontrolle des Staates praktiziert.“ (Lorenz 2004, S. 4)


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